Haus 500km² - Dornbirn Kehlegg: Der fantastische Bauplatz ist oberhalb des Rheintals gelegen, und bietet einen unübertrefflichen Panoramablick vom Bodensee bis ins Dorbirner Ebnit. Das oberste Ziel des Entwurfs war es, diese imposante Weite mit ihren ständig wechselnden Stimmungen tief in die Räume zu holen, und den Bewohnern trotz der dazu notwendigen, großen Öffnungen ein hohes Maß an Privat- und Geborgenheit zu garantieren.

Zu Beginn des Planungsauftrags befand sich auf dem Baugrund ein abgewohntes und nicht erhaltenswürdiges Einfamilienhaus. Es bot eine ideale Möglichkeit im Entwurfsprozess die jeweiligen Blickachsen auf verschiedenen Niveaus zu erfahren. Die gewonnenen, wertvollen Erkenntnisse wurden in den neuen Entwurf eingearbeitet, bevor der Abriss des Altbaus erfolgte. Das neue Haus ist an oberster Stelle des steil abfallenden Grundstücks angeordnet. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit über das nördlich gelegene Nachbarhaus zum Bodensee zu blicken und eine Einschränkung desselben Sichtbezugs für den südlichen Nachbars zu vermeiden.

Die Baubehörde genehmigte einen Flachdachbaukörper, sofern die (am Hang sehr präsent in Erscheinung tretende) Dachfläche begrünt würde. So konnte auch für das ost- bzw. hangseitige Nachbarhaus eine Verbesserung erzielt werden, da der Neubau mit einer deutlich geringeren Bauhöhe als das Vorgängerhaus errichtet werden konnte.

Der Baukörper wurde so in das Gelände gebettet, dass drei vollwertige Geschosse mit Außenbezügen unterschiedlichen Charakters entstanden (Gäste bzw. Garten, Wohnen und Familie bzw. Schlafen). Das Wohngeschoss auf der mittleren Ebene ist großflächig verglast, und wird südseitig durch einen geschützten Innenhof ergänzt. Ein eingeschossiger Nebenbaukörper (mit Garage und gedecktem Sitzplatz) sorgt für die nötige Abgrenzung nach außen. Die Räume im Obergeschoss sind den Bewohnern vorbehalten, und gruppieren sich um einen zentralen Raum der Verteilerzone, Bürofläche, Lese- und Hauswirtschaftsbereich zugleich ist.

Das Haus ist als vorgefertigter Holzständerbau errichtet worden. Diese Bauweise brachte nicht nur in Bezug auf die geforderte Wertschöpfung bzw. Nutzung der lokalen Ressourcen große Vorteile, sondern ermöglichte es die Bauphase an dieser beengten Stelle straff abzuwickeln. Das Haus wurde in nur zwei Tagen aufgerichtet.

Sein Heizwärmebedarf liegt bei 20 kWh/m²a und erfüllt damit bereits heute die proklamierten Anforderungen des „Energieautonomie 2050“ Standards. Eine Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt für konstant hohe Lufthygiene und minimiert die Wärmeverluste. Die Heizung erfolgt über eine Erdwärmepumpe mit Tiefensonde. Um die Sommertauglichkeit zu garantieren, wurden die Bodenflächen als Sichtestrich ausgeführt.

Diese Masse kann über Nachtlüftung aktiviert werden und hilft, in Kombination mit der Nutzung der Jalousien, die Temperatur Peaks im Tageszyklus nach hinten zu verschieben.

Die Zusammenarbeit mit der Bauherrenfamilie war ausnehmend gut und konstruktiv. Gemeinsame Themenexkursionen dienten immer wieder als Diskussionsgrundlage bzw. Hilfe für anstehende Entscheidungen. Gespräche über die Bedeutung des Wortes „Nachhaltigkeit“ führten - nicht zuletzt in Anbetracht des abrissreifen Vorgängerhauses - zur Erkenntnis, dass schlussendlich dasjenige Haus das nachhaltigste wäre, das geliebt und daher entsprechend sorgsam behandelt und lange erhalten wird. Neben der Bauökologie und der Ressourcenschonung sind also vor allem die Architektur und das Vorausdenken von Lebenszyklen entscheidende Faktoren des nachhaltigen Bauens.

Das Gebäude wurde so geplant und umgesetzt, dass es auf eine möglichst große Zahl zukünftiger Szenarien und Anforderungen reagieren kann. So sind beispielsweise die Aufenthaltsbereiche im Untergeschoss als Einliegerwohnung abtrenn- und separat erschließbar. Das Erdgeschoss kann so umgebaut werden, dass ein Bewohnen ohne Geschosswechsel möglich wird. Ein vorgesehener (aber derzeit verschlossener, da energetisch nachteiliger) Kamin bietet die Möglichkeit bei Bedarf einen Holzofen anzuschließen. Talseitig des Hauses kann zukünftig ein weiteres Haus errichtet werden. (…)

Das Projekt konnte in seiner ursprünglichen bzw. ersten Konzeption umgesetzt werden. Es wurde durch die ausreichende Planungszeit und konstruktive Zusammenarbeit seit der Präsentation des Vorentwurfs kontinuierlich gestärkt und verbessert. Die Ausführung erfolgte durch einen als GU auftretenden Zimmereibetrieb und erreichte bis ins Detail eine außergewöhnliche Präzision.


FOTOSTRECKE

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  • WohnhausJP_2
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Bauherr: privat
Architekt: HEIN architekten, Bregenz
Generalunternehmer: oa-sys GmbH, Alberschwende
Fotos: Darko Todorovic, Dornbirn